Plötzlich auf dem Polizeipräsidium

Mein Handy klingelt. Eine mir nicht bekannte Nummer ruft an. Als ich abhebe, ertönt eine ziemlich dominante Männerstimme.

“Sind Sie Fiona Erdmann?”

„Ja, das bin ich“, antworte ich.

„Ich bin von der Polizei der Station in Bur Dubai. Bitte kommen Sie sofort auf unsere Station. Der Head of CID ( criminal investigation department) möchte mit Ihnen sprechen.”

„Sind Sie sich sicher, dass Sie mit der richtigen Person sprechen?”, antworte ich darauf.

„Sind Sie Fiona Erdmann? Deutsche Staatsbürgerin, geboren am 9.9.1988, eingereist am 25.2.?“

„Ja”, sage ich etwas erschrocken und auch leicht beängstigt.

„Dann sprechen wir mit der richtigen Person. Sie haben 1h, um hier zu sein”

In diesem Moment dachte ich, ich bin im falschen Film. Wieso will mich der Head of CID sprechen? Criminal? Was hab ich denn Kriminelles verbrochen? Was zu diesem Anruf führte und wie die Geschichte ausging, erzähle ich euch jetzt.

Alles fing damit an, dass ein Kumpel mich um einen Gefallen bat. Er selbst lebt schon etwas länger in Dubai und hat einen Betrieb, der Autos foliert.
Diese Folie schützt den Lack der Autos vor Sonne und Kratzern. Er wollte unbedingt ein Video für Instagram produzieren. Ein Video, das den Leuten zeigt, welche Vorteile seine Folie auf dem Auto hat.
So kam er auf die Idee, ein Video zu produzieren, indem ein Mädchen einen weißen Porsche mit schwarzer Farbe besprüht.
Er kam also zu mir und fragte mich, ob ich bei der Aktion dabei bin.

Story hinter dem Video:
Weißer Porsche, mitten im Zentrum von Dubai, ein eifersüchtiges Mädchen, das den Wagen seines Freundes mit dem Wort „Loser“ besprüht, weil der sie betrogen hat.

Und da ich ja auf verrückte Sachen stehe ;), war ich natürlich gleich am Start.

Wir fuhren also nach Downtown, parkten den Wagen, der natürlich einem Kumpel gehörte und von unserem Vorhaben wusste, direkt vor den Burj Khalifa und starteten unsere kleine „geplante Racheaktion“.

Die Leute um uns herum waren alle eingeweiht und halfen uns mit kleinen schauspielerischen Einlagen.
Nach der ersten Szene produzierten wir dann natürlich auch noch ein kleines Aufklärungsvideo.
Dass das alles nur eine Promoaktion war und dass man die Farbe direkt wieder abwischen konnte.

Mein Kumpel sendete die Videos dann an ein paar verschiedene Instagram-Accounts.
Und so nahm die ganze Aktion ziemlich schnell ihren Lauf. Der erste Teil des Videos ging so durch die Decke, dass der Clip schon nach wenigen Stunden von Hunderttausenden aufgerufen worden war.
.

Wir hatten zwar damit gerechnet, dass das Video viele Klicks erzielen würde, aber nicht, dass es so schnell viral gehen würde.

Nicht einmal 20 Stunden später klingelte dann also mein Handy mit dem besagten Anruf.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht einmal eine Verbindung mit der am Tag zuvor produzierten Aktion im Kopf sah. Zumal wir ja auch nicht wirklich etwas Kriminelles verbrochen hatten. Der Besitzer des Wagens wusste Bescheid und die Farbe war schon wieder vom Wagen abgewischt.
Und da der Polizeibeamte am Telefon auch partout nicht sagen wollte, um was es sich handelte, hatte ich auch bis zur letzten Sekunde keine Ahnung, warum ich also ins Polizeipräsidium kommen sollte.

Ich packte also meine Sachen zusammen und fuhr zur Polizeistation. Allerdings wohnte ich ein bisschen weiter weg als gedacht und mittlerweile war schon über eine Stunde vergangen. Auf dem Weg zur Polizei rief mich der Polizist dann erneut an und machte mir ziemlich Druck.

Mir rutschte mein Herz immer weiter in die Hose und ich wusste nicht, was mich erwarten würde.

 

 

Angekommen bei der Polizei wartete man schon auf mich. Ich wurde direkt zum Head of CID gebracht. Dort wartete dann auch schon mein Kumpel mit seinem Freund, mit denen ich das Video produziert hatte. Nun wurde mir alles klar.

Die beiden saßen schon seit ein paar Stunden auf der Polizeistation. Ich wurde dann auch schon direkt ins Verhör genommen.

Was haben Sie auf den Porsche gesprüht?
Warum haben Sie das gemacht?
Wem gehört der Wagen?

Dann wurde mir klar gemacht, warum ich eigentlich hier war.

Wissen Sie, dass wir gestern und heute über 50 Anrufe von besorgten Bürgern bekommen haben, die das Video gesehen haben? Wissen Sie, dass Dubai eine der sichersten Städte der Welt ist und dass die Polizei überall ein Auge hat, um diese Stadt sicher zu halten? Wissen Sie, dass Sie mit solchen Videos, das Image von Dubai ruinieren?
😬😬😬

Mir schossen Fragen durch den Kopf wie: Würden die mich jetzt aus dem Land rausschmeißen? Stoppen die meine Visa-Anfrage? Muss ich jetzt eine Strafe zahlen oder bekomme ich jetzt vielleicht sogar eine Anzeige?

Nach ein paar Minuten entschärfte sich die Situation dann aber. Die Polizisten waren superfreundlich, baten mir Getränke und Essen an und machten mir klar, dass es hier einzig und allein um die Aufklärung der Situation ging.

Dann meinte der Head of CID, dass wir nun ein Aufklärungsvideo für den Instagram und Facebook Account der Polizei drehen würden, indem wir erklären, dass die ganze Aktion nur eine Promoaktion war und die Bürger in Dubai keine Angst davor haben müssten, dass in Dubai so eine Aktion wirklich passieren könnte.

Und ganz ehrlich? Nach dieser Aktion war mir klar: Dubai ist sicher! Aber so was von sicher. Es hatte nicht einmal 20 Stunden gedauert und alle am Video beteiligten Personen, inbegriffen mir, saßen auf der Polizeistation.

Ich will Deutschland jetzt nicht schlechtreden. Aber wäre so etwas in Deutschland passiert, selbst wenn es echt gewesen wäre, die Täter wären wahrscheinlich nach Wochen nicht ausfindig gemacht worden und die Anzeige gegen Unbekannt wäre wohlmöglich nach ein paar Monaten eingestellt worden.

 

Nachdem wir dann also die ganze Situation aufgeklärt, unser Aufklärungsvideo gedreht und unsere Lektion gelernt hatten, verabschiedeten wir uns mit Handschlag von den Polizisten, die uns dann sogar noch Pralinen schenkten.

Das Ende dieser Geschichte ist, ich habe nun definitiv noch mehr Respekt vor diesem Land als vorher, fühle mich hier extrem sicher und werde so schnell keine Aktion mehr machen, die mich in solche Unannehmlichkeiten bringt. Auch wenn es – zum Glück! – so unangenehm letztlich gar nicht war. Denn am Ende hab ich jetzt neue Freunde auf der Polizeistation und ’ne Packung voll Schokolade 😉

Ende gut, alles gut 😉